Grundsätzlich darf man sehr gewiss sein, dass sich jeder Schwimmverein freut, wenn ein neues Becken gebaut wird, in dem Kinder schwimmen lernen sollen. Für andere Ansichten ist in den letzten Jahrzehnten zu viel Wasserfläche in der Stadt Arnsberg und der ganzen Region verloren gegangen. Was allerdings hier nächste Woche im Stadtrat zum Beschluss vorliegt ist eine Pfütze auf den heißen Stein. Hier soll ein Alibi-Bau geschaffen werden um den gesetzlichen Mindestvorschriften zu genügen, nach denen eine Kommune ihren Schulen Schwimmunterricht ermöglichen muss. Das ist kein Fortschritt für die zunehmend aus Nichtschwimmern bestehende Bevölkerung und für den Vereinssport schon gar nicht.
Beim Lehrschwimmbecken in Herdringen wurde schon reichlich Zeit verschenkt, weil man sich der Illusion hingegeben hat die marode alte Bausubstanz retten zu können. Am Ende wird dort jetzt ein zu spät kommender teurer Neubau entstehen. Die Substanz in Voßwinkel ist dem Vernehmen nach ähnlich katastrophal und auch hier dürften die letzten Tage gezählt sein, an denen noch geschwommen werden kann und darf. Der Strohhalm an den man sich jetzt klammert ist das Becken an der Sauerstraße aus dem Baujahr 1974. Der Hubboden ist vor kurzem mit viel Improvisation wieder regelbar und damit das Bad bis auf weiteres nutzbar gestellt worden. Es bleibt eine in vielerlei Hinsicht tickende Zeitbombe. Größere bauliche Eingriffe sind wegen der Integration in ein Gebäude mit Turnhalle, Kraft- und Gymnastikraum kaum vorstellbar und bei weiteren Investitionen ist mit Blick auf das Baujahr die Frage von Nachhaltigkeit bei weitem nicht auf ökologische Aspekte zu beschränken.
Mit dem Neubau am Nass wird sich also für viele lange Jahre eine räumliche Zentralisierung des Schwimmens auf diesem Grundstück noch weiter verfestigen. Die Fahrzeiten dort hin aus den peripheren Stadtgebieten sind schon jetzt eine Zumutung! Viele Kinder sitzen schon jetzt für Hin- und Rückfahrt länger in den "Elterntaxis", als sie dazwischen in einer Übungs- oder Trainingsstunde effektiv im Wasser sind. Mit der halbseitig gesperrten Marienbrücke verschärft ein weiteres marodes Prachtstück in unserer Stadt die Situation noch weiter. Wegen des Zeitaufwandes bekommen viele Kinder nach dem Schwimmen ihr Abendbrot aus der Tupperdose auf dem Rücksitz anstattmit der Familie zu Hause am Tisch. Die Geduld von Kindern und Eltern ist am Ende und es muss endlich Planungssicherheit her, auch in Zukunft in den östlich des Nass gelegenen Stadtteilen wieder richtig schwimmen zu können. Die Politik vertritt so gerne den Slogan "Kurze Beine, Kurze Wege" - Dann jetzt bitte mal Butter bei die Fische!
Der Rat hat im März 2022 den Bau eines 25m-Beckens im Stadtteil Arnsberg beschlossen. Dieser Beschluss muss jetzt bitte so schnell wie möglich umgesetzt werden, anstatt tatenlos abzuwarten, bis auch die Sauerstraße nicht mehr zu retten ist und vielleicht oder hoffentlich irgendwo das nächste Förderprogramm von Bund oder Land herkommt!
Dem Steuerzahler, dem das Schwimmen völlig egal ist, wird es schwer zu erklären sein, wie eine aus dem städtischen Haushalt gestützte GmbH für 5 Mio. € ein viel zu kleines Becken bauen darf, das zu weiteren Verkehrsbelastungen, Abgasen und Stress für die Familien führt. Das Argument mit kleineren Gruppen zu arbeiten ist graue Theorie, weil das die doppelte Anzahl an Übungsleitern erfordert, die ohnehin schon mehr als Mangelware sind. In einem Becken von 10m x 12,50m schwimmen zu lernen ist genauso graue Theorie. Für die Kriterien des Abzeichens Seepferdchen muss das Kind am Ende wenden und kann sich am Beckenrand festhalten. Sicheres Schwimmen lernt es so bestimmt nicht. Und wie soll der Schulunterricht mit ab 2024/25 absehbar noch größer werdenden Schulklassen aussehen? Die Kinder sitzen erst eine halbe Stunde im Schulbus, dann 2/3 des netto noch verbleibenden Unterrichts auf der Bank und sehen das andere Drittel maximal 6 bis 8 Bahnen schwimmen. Danach geht es wieder eine halbe Stunde in den Bus. Damit sind die gesetzlichen Mindestvorgaben erfüllt, zu denen für die Statistik überhaupt Schwimmunterricht angeboten wird aber mehr als dieses absolute Minimum eben auch nicht. Für eine Stadt, die einen teuren "Masterplan Sport" erarbeitet hat und mit der Förderung des Ehrenamtes wirbt ist das eine Bankrotterklärung. Das gilt buchstäblich mit Blick auf den Haushalt.
Was nächste Woche bei der Ratssitzung gefragt ist, ist aber auch der erkennbare politische Wille, losgelöst von jeglicher Partei-Ideologie ein Zeichen zu setzen. Genau so groß wie die Zweifel am nachhaltigen Wert des Mini-Beckens am Nass ist die Gewissheit über den Beschluss es zu bauen. Das ist die bittere Konsequenz eines jahrzehntelangen Winterschlafes, in dem Bäder geschlossen oder dem Ruin preisgegeben wurden. Ein teurer Preis einzig dafür um jetzt nicht von den Aufsichtsbehörden angezählt zu werden, weil kein Schulschwimmen mehr stattfindet.
Wir fordern daher eindringlich einen weiteren zeitgleich zu fassenden Beschluss, sofort die Planung für das 25m-Becken im Stadtteil Arnsberg zu forcieren und unabhängig von der Restlaufzeit der Sauerstraße zügig und konkret weiter zu führen. "Wir" sind in diesem Fall ca. 1.000 in Vereinen organisierte Schwimmerinnen und Schwimmer, sowie weitere mehrere 100 Besucher von Kursen in den Stadtteilen mit 59821 und 59823.
Der Masterplan Sport trägt als meist genannten Punkt die einhellige Forderung, dass jedes Kind in Arnsberg Schwimmen lernen soll.
Wenn das nicht ansatzweise erreicht wird, gehen wir in absehbarer Zeit alle zusammen baden!
Christoph Löher
SV Aegir Arnsberg
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